Anwälte für Bau- und Immobilienrecht

Publi­ka­tionen von Nora Uekermann

RAin Nora Uekermann erstreitet positiven Beschluss vor dem BGH zur Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung

„BGH — Beschluss vom 19. April 2022, Az.: AnwZ (Brfg) 1/22“

Die Spezia­li­sierung von Kanzlei und Anwalt auf ein bestimmtes Rechts­gebiet bietet viele Vorteile – vertieftes Wissen, bessere Expertise sowie stetige Weiter­bildung. Hiervon profi­tieren Mandant und Anwalt gleichermaßen.

So erstaunt es nicht, dass immer mehr Anwälte sich dazu entscheiden, sich um einen Fachan­walts­titel zu bemühen. Auch die Fachan­walts­ordnung selbst wächst weiter – so gibt es derzeit 24 verschiedene Fachan­walt­schaften. Vom Famili­en­recht über das Verga­be­recht bis hin zum Sport­recht. Die Spezia­li­sierung ist in vielen verschie­denen Bereichen möglich.

Für die Verleihung einer Fachan­walts­be­zeichnung sieht die Fachan­walts­ordnung (FAO) bestimmte Voraus­set­zungen vor. Dies umfasst insbe­sondere hinrei­chende praktische Erfah­rungen – also der selbstän­digen Bearbeitung einer festge­legten Anzahl von Fällen. Hierbei kommt es immer wieder zu Strei­tig­keiten zwischen Antrag­steller und der jewei­ligen für die Verleihung zustän­digen Rechts­an­walts­kammer. So stellen die Rechts­an­walts­kammern oftmals hohe Anfor­de­rungen an das Merkmal der persön­lichen und weisungs­freien Bearbeitung von Fällen. Dies ist auch nicht per se als negativ anzusehen – schließlich kann nur eine solch strenge Kontrolle den Quali­täts­standard der Fachan­walts­be­zeichnung aufrechterhalten.

Über einen solchen Fall hatte der BGH zu entscheiden. Frau RAin Nora Uekermann vertrat die Inter­essen einer Rechts­an­wältin, die die Verleihung eines Fachan­walts­titels im Verga­be­recht anstrebte. Hierzu reichte die Mandantin alle erfor­der­lichen Unter­lagen ein. Die Rechts­an­walts­kammer bezwei­felte jedoch, dass die Voraus­set­zungen der beson­deren prakti­schen Erfahrung gem.   § 5 FAO. Sie war der Auffassung, dass die Antrag­stel­lerin die vorge­legten Fälle nicht persönlich bearbeitet hat. Sie war der Auffassung, dass für eine persön­liche Bearbeitung insbe­sondere ein Auftreten des Rechts­an­walts nach außen gegenüber dem Mandanten oder dem Gericht notwendig sei.

Dies verneinte der BGH und stellte in seinem Beschluss nochmals die Grund­sätze seiner bishe­rigen Recht­spre­chung dar:

„Eine persön­liche Bearbeitung von Fällen i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 FAO ist gegeben, wenn sich der Rechts­anwalt ‑namentlich durch Anfer­tigung von Vermerken und Schrift­sätzen oder die Teilnahme an Gerichts- und anderen Verhan­d­­lungen- selbst mit der Sache inhaltlich befasst hat; beschränkt sich seine Befassung dagegen auf ein Wirken im Hinter­grund, liegt eine persön­liche Bearbeitung nicht vor. Ein solches Wirken im Hinter­grund ist bei einer bloß unter­ge­ord­neten, unter­stüt­zenden Zuarbeit anzunehmen, etwa wenn der Antrag­steller nur eng umgrenzte Teilaspekte eines Falles bearbeitet, keinen eigenen Schriftsatz angefertigt und auch nicht an einer Gerichts­ver­handlung teilge­nommen hat. Eine persön­liche Bearbeitung hat der Rechts­anwalt in der Form des § 6 FAO nachzu­weisen, soweit er nicht durch die Verwendung eines eigenen Brief­kopfs oder in ähnlicher Weise nach außen als Bearbeiter in Erscheinung tritt. Dabei sind auch anwalt­liche Versi­che­rungen von Rechts­an­wälten zu berück­sich­tigen, von denen der Antrag­steller Fälle zur eigen­stän­digen persön­lichen Bearbeitung erhalten hat. Liegen solche anwalt­lichen Versi­che­rungen vor, steht der Annahme des Nachweises persön­licher Bearbeitung nicht grund­sätzlich entgegen, wenn Schrift­sätze fast ausnahmslos von den manda­tieren Rechts­an­wälten unter deren Briefkopf unter­zeichnet wurden, auch wenn sich überwiegend keine eindeutig auf die Urheber­schaft des Antrag­stellers hinwei­senden Diktat­zeichen finden. 

Für eine persön­liche Bearbeitung ist nicht erfor­derlich, dass der Rechts­anwalt in jedem der von ihm gelis­teten Fälle nach außen verant­wortlich aufge­treten ist. Auch ohne ein solches Erfor­dernis können Fälle einer persön­lichen Bearbeitung von einem lediglich im Hinter­grund erfol­genden Wirken sicher abgegrenzt werden. Eine persön­liche Fallbe­ar­beitung verlangt nicht stets eine Kommu­ni­kation mit dem Mandanten. Im Einzelfall kann eine Abgrenzung „nach außen“, d.h. eine Abgrenzung zwischen persön­licher Fallbe­ar­beitung und Wirken im Hinter­grund aus der Sicht eines außen­ste­henden Dritten nicht immer möglich sein. Die daraus resul­tie­renden Abgren­zungs­schwie­rig­keiten und Unklar­heiten sind indes durch den Rechts­anwalt in dem Nachweis­ver­fahren gem. § 6 Abs. 1 und Abs. 3 FAO und mittels der dort genannten Unter­lagen zu klären. Ein „Wirken im Hinter­grund“ kann nicht ausschließlich aus der Sicht und Wahrnehmung des Mandanten beurteilt werden. Maßgeblich ist vielmehr die interne Verant­wortung des Rechts­an­walts für die Fallbearbeitung. 

Eine persön­liche Bearbeitung i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 1 FAO ist gegeben, wenn sich der Rechts­anwalt ‑namentlich durch die Anfer­tigung von Vermerken und Schrift­sätzen oder die Teilnahme an Gerichts- und anderen Verhan­d­­lungen- selbst mit der Sache inhaltlich befasst hat. Daraus folgt weder, dass diese Tätig­keiten stets kumulativ gegeben sein müssen, noch dass ein verant­wort­liches Auftreten des Rechts­an­walts nach außen in jedem einzelnen, von ihm bearbei­teten Fall vorliegen muss.

Nach der oben genannten Recht­spre­chung des BGH ist es also nicht notwendig, dass der Rechts­anwalt in jedem seiner Fälle, die er i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 FAO vorbringt, nach außen aufge­treten ist – also gegenüber dem Mandanten, dem Gegner oder dem Gericht. Maßgeblich ist viel mehr, dass er intern die Verant­wortung für die Fallbe­ar­beitung übernommen hat. Dies kann auch durch anwalt­liche Versi­che­rungen der anderen Rechts­an­wälte der Kanzlei nachge­wiesen werden.

Hier können Sie den Artikel im „Anwalts­blatt“ des Deutschen Anwalt­vereins nachlesen.

Falls Sie Probleme bei der Erlangung Ihres Fachan­walts­titels haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.